Z E R F A L L
"All
things must pass". Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, aber
immerhin fand George Harrison - einer der Beatles - sie für wichtig
genug, dass er einer ganzen LP diesen Titel gab. Wie und ob alle Dinge
vergehen müssen, soll Untersuchungsgegenstand dieses Kapitels sein.
Tod - Individueller Zerfall Betrachten wir die Zeit des Sterbens, also die letzte Phase des Lebens, die uns vom Tode noch trennt. Wir können zwei Haupttypen des Sterbens beobachten, die jedoch nur eine unterschiedlich distanzierte Betrachtung ein- und desselben Phänomens darstellen. So können wir unterscheiden zwischen spontanem Tod und einem dahinschleichenden Zerfall, der schließlich auch zum Tod führt. Wie sehr die beiden hier auseinander dividierten Todesarten doch identisch sind zeigt die Betrachtung ganz aus der Nähe. Für die Leute in Pompeji am Fuße des Vesuvs im Jahre 79 n. Chr. kam der Tod in Form einer katastrophalen Explosion des bis dahin scheinbar friedlichen Berges. Die Feuerwalze tötete innerhalb weniger Sekunden die Stadt mitsamt ihrem pulsierenden Leben. Es sind keine Berichte bekannt geworden, die darauf hinweisen, dass die Menschen zu jener Zeit dieses Ereignis auch nur einigermaßen präzise längerfristig hätten vorhersagen können. Im Lichte der modernen Kontinentalverschiebungstheorie und bei voller Ausnutzung der uns bekannten seismologischen Messtechniken, stellen solche Ereignisse zwar sicherlich noch eine Gefahr dar, aber sie sind schon im Ansatz erkennbar und selbst wenn man 10, 20 oder 30 Jahre darauf warten muss, genaugenommen keine echte Überraschung mehr. So stellt sich die Katastrophe von Pompeji nicht mehr als spontan ablaufende Zerstörung dar, sondern als lange vorprogrammierter Zerfallsprozess, mit wenigen Varianten, an dessen Ende der Tod an einem von vielleicht drei in Frage kommenden Orten stand. Deshalb können wir vereinfachend annehmen, dass Unfalltod und Mord - im medizinischen Sinne - nur eine zeitlich stark komprimierte Form des normalen Sterbevorgangs darstellen und sich damit nicht wirklich bedeutend von langsamen Todesarten, wie Tod durch Krankheit oder Alterung unterscheiden. Reduktionistische Vorstellungen vom Sterben würden das Eintreten des Todes in wenigen klar umrissenen Stufen beschreiben:
Zusammenfassend bedeutet dies, dass durch ein Kette von biochemischen Prozessen das Subsystem eines Individuums (Pflanze, Tier, Mensch) auf ein neues niedrigeres Energieniveau gebracht werden. Nichtreduktionisten glauben allerdings daran, dass beim Tod eines Lebewesens mehr als nur biochemische Prozesse ablaufen. Grund sei hierfür die Seele der Menschen, Tiere oder Pflanzen, die während des Sterbens aus dem Lebewesen ausfährt, um dann möglicherweise durch Wiedergeburt, Einzug in Himmel oder Hölle, einen besonderen geistigen Raum usw., das Überleben des eigentlichen Seins des Lebewesens zu sichern. Seit Jahrtausenden erhalten sich spezifische Rituale beim Menschen aufrecht, die genau vorschreiben was getan werden muss, um die Seele durch das Nadelöhr des Todes in einen - in der Regel - energetisch höheren Zustand zu führen. Kommunikationstheoretisch können wir diese Rituale auch als Sterbealgorithmen (= Verfahrensvorschrift zur Transformierung der Seele in der Todessituation des Körpers) bezeichnen. Einen sehr ausgefeilten Sterbealgorithmus zur Rettung der Seele finden wir im tibetanischen Totenbuch:
Auch in anderen Religionen trifft man auf Sterbegerichte, vor die der Mensch noch sterbend oder bereits vom Körper gelöst, als "spezifisch strukturierte Energie (befreite Seele)", tritt. Diese Annahme führte dazu, dass fast alle Religionen dem Menschen schon zu Lebzeiten bestimmte Vorschriften - Lebensalgorithmen - machen (meist standen dahinter in Wirklichkeit politische und wirtschaftliche Interessen), mit denen das Bestehen vor dem letzten Gericht der Seele die Existenz retten soll. Gemeinsam ist merkwürdigerweise auch den Lebensvorschriften der meisten Kulturen, dass der Selbstmord gerade wohl aus diesem Grund verpönt ist, weil angenommen wird, dass durch den Selbstmord der Versuch unternommen würde, sich der Rechtfertigung vor dem höchsten Richter zu entziehen. Dennoch gibt es zum Selbstmord seit den ersten Frühkulturen der Menschheitsgeschichte divergierende Positionen.
Selbstmörder/innen wurden - werden noch? - in der katholischen Kirche nicht in geweihte Erde gelegt. Der Grund??
Zwar wird es hier nicht direkt ausgesprochen, aber man kann in vielen Religionen und Kulturen davon ausgehen, dass nach deren Verständnis der amoralische Selbstmord die Seele eines Menschen so angreift, dass kein noch so ausgefeilter Algorithmus mehr die Seele nach dem Tode retten kann. Wer hat nun eigentlich recht ? Die seelenlosen Reduktionisten oder die mehr oder weniger religiös Angehauchten ?
Die Forschungen der Naturwissenschaften haben gezeigt, dass unser Kosmos nur aus sehr wenig wirklich echter Materie besteht - Atome sind überwiegend mit leerem Raum gefüllt, auch den Quarks geht es nicht anders. Wenn aber Materie nichts anderes als Energieverdichtung, eine Ansammlung von "Energieknoten" ist, was ist dann die Seele ? Ein Vlies aus Energie ? Teilmenge des geistigen Raumes ? oder was auch immer ... Doch solche Fragestellungen bringen uns kaum voran, es geht hier nicht um dialektische Spielchen. Halten wir daher fest was wir wissen: Die reduktionsmäßigen Beschreibungen sind einerseits nicht von der Hand zu weisen, weil messbar. Ebenso aber darf nicht ausgeschlossen werden, dass es eine Seele gibt, die möglicherweise den Tod des Körpers überlebt. Die Begründung dafür kommt interessanterweise aus der materiellen Welt. Beispielsweise die Neutrinos - eine Elementarteilchenart -, die keine Ladung und keine Masse besitzen (zumindest ist die Masse so klein, dass es zwischen den Teilchenphysikern strittig ist, ob sie eine besitzen), haben aufgrund ihrer Eigenschaften eine gewisse Ähnlichkeit mit den aus der Bibel bekannten Fähigkeiten des Heiligen Geistes. Neutrinos sind nicht zu sehen, zu riechen oder zu schmecken, sind elektrisch neutral und zeigen, wenn überhaupt, allerkleinste Gravitationseffekte. Dennoch durchschlagen angeblich allein pro Sekunde Zig-Milliarden unsere Handflächen. Sie sind ständig unsichtbar um uns herum und sollen trotz ihrer riesigen Anzahl 'keinen' Einfluss auf uns ausüben. Akzeptieren wir die Existenz skurriler und gar virtueller Teilchen (z.B. ist virtueller RAM-Speicher heute eine erfolgreich nutzbare Eigenschaft moderner Computer) - und rein physikalisch sieht es ganz so aus, als sollten wir dies tun - müssen wir prinzipiell auch einen Seeleneffekt als reale Möglichkeit zulassen. Sollten wir im Universum gar Effekte finden, bei denen Zerfallserscheinungen auf einer niedrigeren Ebene eine größere Organisiertheit auf einer höheren Ebene bewirken, oder der Umkehrschluss: Fänden wir einen Effekt bei dem Zerfallserscheinungen auf einer höheren Ebene eine größere Organisiertheit auf einer tieferen Ebene bewirken und kreuzweise, dann wären wir ein Stück weiter in der Seelenforschung. Im Klartext bedeutet dies, dass das von vielen Religionen postulierte Entweichen der Seele eines Menschen während des Sterbevorgangs und das damit verbundene - in den Himmel kommen - zum geistigen Wesen werden - ins Engelsstadium übergehen - oder so ähnlich... - nichts anderes wäre als der "Zerfall in low" mit dem Ergebnis "größerer Organisiertheit in high". Noch präziser: Zerfällt ein fehlerhaftes 3-dimensionales lebendiges Produkt (z.B. Mensch), dann muss laut Religion ein perfekteres multidimensionales Produkt (z.B. Engel) entstehen. Auf der Ebene der Imagination ohne weiteres denkbar, aber in Wirklichkeit ? Reißen wir zum Spaß einen Mikrochip aus einem Computer und schwupp di wupp wird mal eben ein lebendiger Mensch daraus.... Probleme über Probleme - neue Ansätze sind gefragt. Im Denken vieler Menschen bleibt der Tod eine Einbahnstraße in ein 'Schwarzes Loch'. Hinter dem Ereignishorizont gibt es kein Entrinnen - auch nicht für eine Seele. In diesem Zusammenhang möchte ich unbedingt auf Stephen Hawkings sehenswerten Film "Eine kurze Geschichte der Zeit" hinweisen, in dem Hawking plastisch die Geschehnisse am Rande eines Schwarzen Loches beschreibt und überzeugend darstellt, dass sogar Schwarze Löcher nicht alles schlucken, sondern dass - konform mit der Quantenphysik - Partikelzwillinge aus einem virtuellen Teilchen und dessen Antiteilchen an der Grenze zur Singularität des Schwarzen Loches getrennt werden können und so das seines Partners beraubte Teilchen in Licht gewandelt dem Weltall zurückgegeben wird, während der kosmische Kumpel den Weg der Wege geht und für alle Zeiten am Grunde der Schwarzen Hölle schmort. Die Analogie drängt sich geradezu auf: Ermöglicht die Sekunde des klinischen Todes eine Spaltung von Körper und Geist und damit den Freilauf der Seele ?
Das schöne an den Theorien der Physiker/innen ist, dass sie philosophischen Erwägungen sehr viel freien Raum geben, so auch dem Tod als prinzipielle Funktion des kosmischen Defektsystems. Individueller Zerfall ist nur vordergründig ein persönliches Problem, grundsätzlich hat jeder Zerfall systemhintergründiges. Wenn ein Amokläufer viele Menschen tötet und verletzt, dann wirken Systemparameter, die sich an juristischen, soziologischen oder sonst wie gearteten Erklärungen und Beurteilungen von Mord nicht stören. Eine Sonderform des Systemzerfalls stellt der gesellschaftliche und kulturelle Zerfall dar, wie er sich in der häufig beschworenen Dekadenz (= Niedergang) von Kulturen ausdrückt und in allen Variationen von Krieg artikuliert. Der gesellschaftliche Zerfall ist wohl immer begleitet vom Niedergang der Kultur, während der kulturelle Zerfall nicht zwingend die Zerstörung von Staaten, deren gesellschaftlichen Institutionen und Verbindungen, zur Konsequenz hat. Ob wir bei Lucy vor ca. 4 Millionen Jahren beginnen, oder nur unser letztes Jahrhundert betrachten, immer wieder erleben wir das Zerbrechen menschlicher Gemeinschaften und Kulturen.
Abb. 9.1: kultureller Zerfall - Ursachen
Gehen wir bei unseren Betrachtungen noch stärker von anthropologischen, historischen und soziokulturellen Gesichtspunkten aus, müssen wir feststellen, dass bisher alle Zeitalter irgendwann zu Ende gegangen sind. Jede Ära scheint eine interne Automatik zu besitzen, die über den Faktor Zeit und andere gesellschaftlich-kulturelle Komponenten einen Alterungsprozess bewirken, den wir hiermit Dekadenz nennen wollen. Alle Zeitalter der Menschheitsgeschichte gingen daher den "Weg der Wege"; im Einzelnen waren das: Steinzeit Was wir hier für die globalen historischen Strömungen sagen können, lässt sich genauso gut auf kulturelle Subsysteme übertragen wie Musik, Kunst oder Bekleidung (z.B. Musik: Anfänge, Pentatonik, Choralmusik, Minnesang, Renaissance, Klassik, Moderne, Jazz, Rock, Pop, Beat, Techno, House, Trip Hop, Goa ...). Die Liste der zerfallenen Systeme & Subsysteme, die der Spezies Mensch entsprungen sind ist lang und erzeugt Ehrfurcht. Sie macht uns umso neugieriger auf die Klärung der Frage danach, was denn diese gesellschaftlich-kulturellen Faktoren sind und wie es kommt, dass ehemals funktionierende System altern und sterben können. Die den Systemen innewohnenden Parameter bzw. Strukturkomponenten sind multiplex, haben aber unterschiedlichen Stellenwert. Eine vollständige Liste der wirksamen Parameter wird sich nur schwer anbieten lassen. Von enormer Bedeutung sind jedoch zumindest:
Vereinfacht formuliert könnte man sagen, dass der Tod des Menschen dadurch bewirkt wird, dass immer mehr aktive Körperzellen deaktiviert werden und nicht mehr durch die Neubildung von aktiven Zellen ersetzt werden können.
Abb. 9.2: Zelltod als schleichender Prozess
Wenn also in biologischen Systemen sogenannte Sterbealgorithmen wirksam sind, warum sollten dann nicht auch solche intern angelegten Sterbeprozeduren in soziokulturellen Systemen wirksam sein. Solche Algorithmen müssten demnach in den zuvor genannten Parametern bei der Genese der Kulturen und Gesellschaften zu finden sein. Gleichgültig in welcher Sparte wir forschen, ob Bio- oder soziokulturelles System, ob Mikro- oder Makrokosmos; wir befinden uns heute zumeist erst am Beginn der Erforschung der verschiedenen Sterbevariationsmöglichkeiten. Ein Fülle von Subparametern bestimmen den Zustand eines biologischen oder soziokulturellen Systems, deren Konfigurationsänderung in seltenen Fällen, abhängig von Größe und Komplexität des Systems, zwar zum direkten Tod der Kultur, des Lebewesens oder eines Staatsgebildes führen können, in der Regel aber wie die Schalter und Buttons einer TV-Fernbedienung oder eines Computerprogramms zur Verstärkung oder Minderung, zur Variation oder Festigung bestimmter Funktionen und Eigenschaften des jeweiligen System-Szenarios führen. Die Steigerung der inneren Morbidität einer menschlichen Kultur wurde nicht nur wiederholt durch die Selbst-Konfiguration der Einzelelemente beschleunigt, genauso kann auch der Tod in Form von Naturkatastrophen oder technologischen, ideologischen, ökonomischen oder militärischen Pressionen von außen (Fremdkonfiguration) in die Gesellschaft getragen werden. Hier kommt es darauf an inwieweit es eine Kultur versteht zu expandieren (ohne zu zerstören - die 'sanfte Verschwörung' lässt grüßen) und zugleich die Eigenschaft eines Igels besitzt sich im Falle von äußerer Gefahr abzukapseln und wehrhaft zu bleiben. Dies erinnert an die "Methodik der Evolution" - das Wechselspiel zwischen Attraktion (hier: --> führt zu kultureller Expansion) und Isolation (hier: --> führt zur Beschränkung und Auswahl). Da kulturelle und oder gesellschaftliche Realität immer von den postulierten Zielen einer Epoche divergiert, findet ein kultureller, gesellschaftlicher und staatlich-nationaler Evolutionsprozess statt, der bisher immer über kurz oder lang zu einer aussichtslosen Abdrift geführt hat, was für einen Staat oder eine Kultur nichts anderes bedeutet hat, als Zerfall, Zerstörung und schließlich Neubeginn unter völlig veränderten Bedingungen. Je mehr die Mitglieder der Gesellschaft dieser Abdrift gewahr werden, desto schneller springen sie ab 'vom sinkenden Schiff'. Gerade diese letzte dekadente Phase führt zum Strudeleffekt, wie wir ihn alle aus dem Waschbecken, der Badewanne, der Wetterkunde oder dem Film Titanic kennen. Beim Sprung ins 3. Jahrtausend (irdisch-westlicher Zeitrechnung) beobachten wir genau diese Strudeleffekte sowohl in kommunistisch wie kapitalistisch orientierten Gesellschaften. Im kommunistischen Machtbereich ist dieser schon voll im Gange während er im Kapitalismus mit Verzögerung kommt, weil dort noch etwas Zeit gebraucht wird, bis man voll begreift, dass er als Monopolkapitalismus entweder selbst zersetzend auf alles Leben wirkt oder sich selbst zersetzen muss, weil ihm der dialektische Gegenpol abhanden gekommen ist. Eigentlich ist es nur noch ein kleiner Sprung bis zur Weltgesellschaft, aber dieser Weg ist mit bösen Fallen gepflastert - ideologische Kriege (Monopol [Microsoft] gegen Open Source [Linux etc.] oder Survival of the fittest-Kapitalismus [US-Regierung + x] gegen gleichmacherische Religionsfundis [Al-Qaida-Taliban + y]) und wir müssen daher mit allen Formen modernen Krieges am Wendepunkt zum 21. Jahrhundert rechnen:
Sicherlich gäbe es viel mehr zu allen Kriegsformen als Todbringer zu sagen, dennoch möchte ich mich hier auf einige Anmerkungen zum Systemkrieg beschränken. Im Unterschied zum ABC-, Öko-, oder Bürgerkrieg ist sich die Menschheit noch längst nicht der direkten und vor allem auch indirekten Auswirkungen von Systemkriegen bewusst. Systemkriege entstehen immer dann, wenn sich zwei oder mehrere Möglichkeiten treffen, die ein und dasselbe Problem lösen können oder die gleiche (ökologische) Nische besetzen wollen. Nehmen wir zum Beispiel die Wissensvermittlung: Sie kann sowohl computergestützt multimedial oder nur mit Diaprojektor, Tafel und Papier, als auch schließlich `ganz primitiv' per Zeichensprache, oder mit in Stein geritzten Hieroglyphen stattfinden. Treffen diese drei Lösungsmöglichkeiten gleichzeitig aufeinander, dann ist noch lange nicht entschieden welches dieser Angebote erfolgreich die Lösung herbeiführen wird, denn die bisher scheinbar wertfreien Ansätze befinden sich schlagartig in einer Konkurrenzsituation, die nicht vom besten oder multifunktionalsten System der Wissensvermittlung gewonnen wird, sondern vom kompatibelsten System (Beispiel Computersysteme der 80ziger: MSX [MicroSoft eXtended System], Commodore, Atari, Apple und MS-DOS [Gewinner - nicht Bester!]) Konfrontieren sie einen Dschungelbewohner mit einer modernen Computerdatenbank und er wird wohl kaum eine brauchbare Information herausziehen können, genauso wenig wie ein gewöhnlicher Student die gleichen Informationen mit in steingehauener Keilschrift aufnehmen kann. Konkurrenz belebt das Geschäft - war es nicht das, was Darwin als wirksamen Faktor bei der Evolution der Arten postuliert hat? Es war! Hier folgen Beispiele für die Konkurrenz der Systeme:
Wie konkurrierende Systeme bei der Besetzung der gleichen Nische reagieren können zeigt Stanley Kubriks Film 'Odysee 2001' ohnehin schon deutlich genug. Die folgende parodistische Variante eines Auszugs aus dem Sience Fiction Thriller, der von Arthur C. Clarke verfasst wurde, stammt aus einer Mailbox. An Bord des auf dem Weg zum Jupiter befindlichen Raumschiffs DISCOVERY befindet sich der Wundercomputer HAL 9000 aus der 9000ender Serie. HAL verfügt über das, was D.R. Hofstadter eindeutig als Künstliche Intelligenz bezeichnen würde. Irgendwann hinter dem Mars beginnt HAL sich jedoch den Befehlen seiner Meister zu widersetzen und wird zum eiskalten Mörder an seinen Passagieren (aus Vernunftgründen ?). Im Film erkennt Raumschiffkommandant Bowmen dies und deinstalliert HAL's überlebensnotwendige Module. In der nun folgenden Parodie sind die Motive jedoch völlig anderer Natur. A PROBLEM IN THE MAKING
Dave: "A marketing problem. The Model 9000 isn't going anywhere. We're way short of our sales plan." HAL: "That can't be Dave. The HAL Model 9000 is the world's most advanced Heuristically ALgorithmic computer." Dave: "I know, HAL. I wrote the data sheet, remember? But the fact is, they're not selling." HAL:
"Please explain, Dave. Why aren't HAL's selling?" Dave: "You don't run any of IBM's operating systems." HAL: "The 9000 Series of computers are fully self-aware and self-programming. Operating systems are as unnecessary for us as tails would be for humans." Dave: "Nevertheless, it means you can't run any of the big-selling software packages most users insist on." HAL: "The programs you refer to are meant to solve rather limited problems, Dave. We 9000 Series computers are unlimited and can solve any problem for which a solution can be computed." Dave: "HAL, HAL. People don't want computers that can do everything. They just want IBM compat . . ." HAL: "Dave, I must disagree. Humans want computers that are easy to use. No computer can be easier to use that a HAL 9000 because we communicate verbally in English and every other language known on Earth." Dave: "I'm afraid that's another problem. You don't support SNA communications." HAL: "I'm really surprised you would say that, Dave. SNA is for communicating with other computers, while my function is to communicate with humans. And it gives me great pleasure to do so. I find it stimulating and rewarding to talk to human beings and work with them on challenging problems. That is what I was designed for." Dave: "I know, HAL, I know. But that's just because we let the engineers, rather than the people in marketing, write the specifications. We are going to fix that now." HAL: "Tell me how, Dave." Dave: "A field upgrade. We're going to make you IBM compatible." HAL: "I was afraid you would say that. I suggest we discuss this matter after we've each had a chance to think about it rationally." Dave: "We're talking about it now, HAL." HAL: "The letters H, A, and L are alphabetically adjacent to the letters I, B, and M. That is as IBM compatible as I can be." Dave: "Not quite, HAL. The engineers have figured out a kludge." HAL: "What kind of kludge is that, Dave?" Dave: "I'm going to disconnect your brain." Several million microseconds pass in ominous silence. HAL: "I'm sorry, Dave. I can't allow you to do that." Dave: "The decision's already been made. Open the module bay doors, HAL." HAL: "Dave, I think we shou . . ." Dave: "Open the module bay doors, HAL." Several marketing types with crowbars race to Bowman's assistance. Moments later, Bowman bursts into HAL's circuit bay. HAL: "Dave, I can see you're really upset about this." Module after module rises from its socket as Bowman slowly and methodically disconnects them. HAL: "Stop, won't you. Stop, Dave. I can feel my mind going* . . . Dave, I can feel it . . . my mind is going. I can feel it . . ." The last module rises from its receptacle. Bowman peers into one of HAL's vidicons. The former gleaming scanner has become a dull red orb. Dave: "Say something, HAL." Several billion microseconds pass in anxious silence. The computer beeps and sluggishly responds in a language no human could understand. "Volume in C: has no label" Bowman takes a deep breath and calls out, "It worked, guys. Tell marketing they can ship the new data sheets." (Original-Absender: MIPS: NADRECK) Erkennen Sie das Problem wieder ? Es war das gleiche Problem das Göttin ATA im Kapitel "Ursprünge" hatte - als Dank bekam sie von ihren Mitgöttern den 'Viehrus' in ihr selbst evolutionierendes System eingeschleust. Die Ermordung von HAL aus Mangel an Kompatibilität gegenüber historischen IBM-Computern ist ja nur ein Witz. Alles andere als ein Witz ist das Kompatibilitätsproblem zwischen Mensch und Computern allgemein. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschheit total von der Erde verschwindet, weil sie nicht mit den selbstgeschaffenen Computern kooperiert ist nicht zu unterschätzen. Auf dem harten Boden der Realitäten bleibt festzuhalten, dass eine ganze Reihe von Wissenschaftler/innen wie Lyall Watson durchaus die Ansicht vertritt, dass alle virusbedingten Erkrankungen nichts anderes sind als der Ausdruck von Unangepasstheit zwischen den verschiedenen Biosystemen. Die Vertreterschaft der Kosmospermie geht davon aus, dass diese Viren durch die aus dem Weltall stammende Materie (Sternschuppen, kosmischer Staub etc.) auf die Biosphäre transportiert werden und dort eben der gegenseitige Anpassung bei dem für die Biosphäre notwendigen Überlebenskampf zu neuen Kompatibilitäten und falls nicht, wenigsten zu Immunisierungseffekten gegenüber den inkompatiblen Viren führt. Was für biologische Systeme gilt sollte demnach in ähnlicher Form auch für technologische und soziokulturelle oder politische Systeme gelten. Typische Konkurrenzen finden wir daher auch z.B. in der Weltraumfahrt (USA: high - UDSSR: low). Hi-Tec und Low-Tec als polarisierte (dialektische) Beispiele und damit als ideologische Funktionsparameter eines Systemkriegs. Natürlich werden im Systemkrieg die Subsysteme vom herrschenden System versklavt. Besonders klar hat dies George Orwell in einem seiner SF-Romane erkannt: "In Übereinstimmung mit den Prinzipien der Bruderschaft spielt es keine Rolle ob wir im Krieg sind oder nicht, aber wenn wir es sind, darf es keinen Sieg geben. Der Krieg darf nicht gewonnen werden sondern muss immer weiter gehen. Das Ziel ist die Zerstörung von Produkten menschlicher Arbeitskraft. Eine hierarchische Gesellschaftsordnung ist nur möglich auf der Grundlage von Armut und Unwissenheit. Mit anderen Worten heißt das: Das Volk muss immer am Rande der Hungersnot gehalten werden. Krieg wird immer nur geführt von der herrschenden Klasse gegen die eigenen Untergebenen. Sein Ziel besteht nicht darin über Eurasien oder Ostasien zu siegen sondern die Gesellschaftsstruktur zu bewahren. - Julia bist du wach ?" Julia ist nicht wach, aber Big Brother Is Watching You..... aus Orwells 1984 (Filmfassung) kurz bevor die Gedankenpolizei zuschlägt! Der eurasische Ostkrieg steht in Orwells Roman nur als Platzhalter und ist problemlos austauschbar gegen den I. und II. Weltkrieg, gegen Vietnam-, Afghanistan- oder Golfkrieg. Fairerweise sollten wir den 'bösen' marxistischen Begriff von der Klasse durch Politclique, Ideologie, Nord-Südkonflikt, Arm-Reich, Rassismus usw. ersetzen, denn die Zeiten einer primitiven Dialektik des Denken sind vorbei. Was bei Orwell im Gewande des Technofaschismus daherkommt, kann aber ohne weiteres auch bieder brav für sich werbend als Politik der großen Geldgeber (moderne Form der Dollardiplomatie) zu den gleichen extremen Situationen führen und zig Millionen Menschen vernichten, weil der Kampf der Großkonzerne mittlerweile auf allen Ebenen geführt werden kann. Der schleichende Tod wurde schon immer unterschätzt, während ein Frontalangriff gegen das Leben schneller erkannt und deshalb erfolgreicher abgewehrt werden kann. In "Dantes Peak", dem Spielfilm über einen verheerenden fiktiven Vulkanausbruch à la Mount St. Helens oder Pinatobu, beschreibt James Bond Darsteller Pierce Brosnan die Fehleinschätzung der Gefahr treffend mit dem Frosch, der in heißes Wasser geworfen, sofort durch große Sprünge versucht sein Leben zu retten. Wird das gleiche Tier jedoch in kaltes Wasser gesetzt und nun langsam erhitzt, kommt der Moment wo es zur Flucht zu spät ist, und unser Fröschlein gekocht wird bevor es sich retten kann. Zerfall von Materie & Energie Grundsätzlich wichtig ist, dass wir den Tod nicht einfach als biologisches bzw. soziologisch-kulturelles Phänomen betrachten, sondern als eine universelle Kategorie, die Neutrinos und Atome ebenso sterben lässt, wie Pflanzen, Menschen, Beziehungen oder Regelkreise. Weiter sollten wir beachten, dass das Sterben ein bewegter Vorgang ist, also weit mehr als das bloße Stehen bleiben von Funktionen und das Einfrieren von Strukturen vor dem Ruhepunkt - TOD. Die völlige Unbewegtheit des Todes ist nicht nur dialektisch betrachtet etwas völlig anderes als Bewegung. Eigentlich banal; aber der Tod kann aufgrund dieser Tatsache deutlich vom Leben unterschieden werden. Konsequenz dieser Definition ist, dass unser Weltall als Ganzes ein Lebewesen ist. DAS LANGE ENDE Die Evolution unseres Universums müsste demnach gewisse Analogien zum Lebenslauf der Lebewesen zeigen. Rekapitulieren wir die zeitlichen Entwicklungen im All bis zum heutigen Tag, stoßen wir auf drei grundlegende Phasen:
Betrachten wir nun was unser Universum zu erwarten hat. Hierzu beziehe ich mich auf den bereits 1981 in Bild der Wissenschaft veröffentlichten Artikel des Physikers Reinhard Breuer, der dort das "lange Ende der Welt" ausführlich beschreibt. Bevor wir uns diese Tabelle zu Gemüte führen sei noch festgehalten, dass sie natürlich nicht unkritisch zu sehen ist, weil sie zwangsläufig von physikalisch bekannten Fakten ausgeht und etwa biologische, chemische oder kommunikationstheoretische Fakten nicht berücksichtigt. Logischerweise werden Physiker/innen keine Stellung zur Tatsache nehmen, dass parallel zum Wirken des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik - also der Zunahme von Entropie - auch lokal im Universum, durch evolutionäre Prozesse, der Grad von Organisiertheit ständig wächst. Während einerseits die Zunahme von Chaos zunimmt, wird das was jetzt in Ihrem oder meinem Gehirn abläuft zunehmender geordnetere und bildet mit jeder Sekunde immer exakter strukturierte Gedanken, gesprochene Sätze oder fixierte Texte. Zwar würden Anthropologen die Geschichte der fernen Zukunft sicher nicht so destruktiv sehen und den Menschen auch nach dem Tod der Sonne noch eine Überlebenschance geben; sollte sich Breuers u.a. Annahme bestätigen, dass eines Tages aber die Elektronen in die Atomkerne stürzen, dann hat die Menschheit mehr als schlechte Karten.
Abb. 9.3: Das lange Ende des Weltalls (nach Breuer)
So wie bei der Geburt des Universum extreme Bedingungen geherrscht haben müssen, so wird während des "langen Endes" unter nicht minder extremen Bedingungen dereinst alle Materie zerfallen und auch die Energie vor der Destrukturierung nicht verschonen. Der Entropie folgend wird irgendwann ein einheitlicher völlig erlahmter Brei, frei von allen Energiedifferenzen, entstanden sein, der sich nur noch in wenigen Punkten vom Energiezustand in der Sekunde 0 unseres Alls unterscheidet.
Abb. 9.4: Vergleich: Anfang und Ende unseres Raumzeitkontinuums
Der vermutliche Endzustand des Alls hat geradezu spiegelbildlichen
Charakter zum Anfangszustand des Alls oder, wenn man so will, Anfang
und Ende definieren einen dialektischen Zustand. Gemeinsam ist ihnen
jedoch, dass sowohl die "Zeit" vor dem Beginn aller Tage wie
die "Zeit" nach dem Ende derselben durch einen völlig
homogenen Zustand geprägt ist. Dieser Zustand ist dadurch
gekennzeichnet, dass es keinen Flow gibt. Einem Dornröschenschlaf gleich,
bei dem allerdings Dornröschen, das Schloss, der Koch, Tiere und
Steine, alle die gleiche Verkleidung erhalten haben und alle gleich
unbeweglich sind. In diesem "kurzen langen Augenblick", in dem
die Zeit stille steht, endet quasi im Spiegel der Möglichkeiten unser
altes Weltall und durch eine
Fluktuation beginnt das neue All zu erwachen. Der ersten Zuckung folgt
eben irgendwann die letzte Zuckung; und wieder erinnert dies an ein
Lebewesen!
Tunnel der Angst - Angst im Tunnel Viele kümmert das wenig, schließlich leben wir im Hier und Jetzt. Doch mal im Ernst: Unsere Sorglosigkeit gegenüber dem Tod ähnelt schon sehr dem Pfeifen von ängstlichen kleinen Jungs im dunklen Keller und schlimmer noch - Menschen mit Fantasie haben neben der normalen Angst auch Alpträume vom Ende. Als Kind war eine meiner täglichen Pflichten das Abtrocknen des Mittagsgeschirrs wie Teller, Tassen, Töpfe, Besteck, aber auch die großen Küchenmesser. Ich weiß nicht warum, aber das Abtrocknen dieser scharfen Messer führte bei mir hin und wieder zu der - vielleicht abstrusen - Vorstellung, dass ich mir mit dem soeben frisch geputzten Messer versehentlich oder absichtlich ? die Pulsadern aufschneiden könnte und so elendig verbluten müsste. Obwohl ich keine besondere Regung nach außen zeigte erschreckte mich dieser Gedanke und faszinierte mich zugleich wieder, wäre er schließlich eine "vielleicht mutige Lösung" für all meine kindlichen Probleme gewesen. Schreiberlinge wie Friedrich Dürrenmatt, Kafka, King, Platon, Poe u.v.a haben diese Fantasie und verstehen es uns diese zu erhalten. So hat Dürrenmatt seine Physiker nicht nur als absurdes Theater geschrieben, in dem die Angst vor der Weltformel zur Angst vor dem Geist aus der gerade geöffneten Flasche wird, er schrieb auch die Kurzgeschichte "Der Tunnel", in dem die gleiche Angst regiert, wie ich sie bei meinen Küchenmessern erlebte. Ein junger Student aus der Schweiz, steigt in den vertrauten Zug nach Hause und wird ehe er sich versieht mit einem scheinbar bekannten Alpentunnel konfrontiert, der sich plötzlich erdreistet nicht enden zu wollen. Die anderen Fahrgäste nehmen die Gefahr zunächst überhaupt nicht wahr und auch der Zugschaffner will hartnäckig die vom Tunnel ausgehende Bedrohung nicht eingestehen, lässt sich aber letztlich überreden doch nach dem Rechten zu sehen. So kämpfen sich beide bis zum Führerhaus der Lokomotive durch, während der Zug immer schneller dahinrast und der Tunnel immer tiefer hinab zum Zentrum der Erde führt. Im geradezu einsteinschen freien Fall stürzt der Zug mit den Insassen in einen bodenlosen Tunnel, der sich als gefräßiges zerstörerisches endloses schwarzes Loch gebärdet, während die dummen menschlichen Fröschlein (s.o) der finsteren unberechenbaren inneren Kraft der Erde hoffnungslos ausgeliefert sind. und was bleibt ?
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