Chlor (Symbol Cl)

Chlor wurde 1774 von Scheele erstmals durch Oxidation von Salzsäure mit Braunstein (MnO2) erhalten. Scheele erkannte die elementare Natur dieses Stoffes noch nicht, ebenso wenig Berthollet, der Cl­2 aufgrund der Sauerstoff-Entwicklung des belichteten Chlorwassers für ein Oxid hielt. Nachdem Gay-Lussac, Thénard und Davy vergeblich versucht hatten, aus dem Cl­2 Sauerstoff abzuspalten, bezeichnete Davy im Jahre 1810 das Chlor als Element („Chloricgas“ bzw. „Chlorine“ von griech.: chloros = gelbgrün)
 

Chlor ist ein chemisches Element aus der 7. Hauptgruppe des Periodensystems zwischen Fluor Brom, denen es chem. sehr ähnelt (Halogen), Ordnungszahl 17, Atom-Gewicht 35,453. Chlor ist unter Normalbedingungen ein grüngelbes, aus zweiatomigen Mol. bestehendes Gas von stechendem Geruch. Es ist 2,5mal so schwer wie Luft [Dichte. 3,214 g/l (0°)]. Das flüssige Chlor (Sdp. –34,06°) leitet den elektrischen Strom nicht und bildet beim Erstarrungspunkt (–100,98°) eine feste, gelbe kristalline Masse. In Wasser ist Chlor mäßig löslich. Chlorwasser wird als Oxidationsmittel verwendet und muss in braunen Flaschen vor Licht geschützt aufbewahrt werden, da unter dem Einfluss von Sonnenlicht die in der Lösung. vorhandene Unterchlorige Säure in Salzsäure und O2 zerfällt. Als aktives, wirksames od. verfügbares Chlor bezeichnet man das beim Bleichen aus Hypochloriten wie Chlorkalk freiwerdende Cl, das für deren Bleich- und Desinfektionswirkung verantwortlich ist.

Chlor ist nach Fluor das reaktionsfähigste aller Nichtmetalle. Nicht nur die Alkalimetalle reagieren heftig mit Cl­2, auch die Erdalkalimetalle u.a. Elemente werden ggf. lebhaft umgesetzt. Mit Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff, Iridium und den Edelgasen reagiert Cl­2 nicht unter einfachen Bedingungen. So zeigt z.B. Cl­2 gegenüber Sauerstoff elektropositiven Charakter. Diese O-Verb. sind stark endotherme Substanzen und daher meistens wenig beständig. Mit Wasserstoff bildet Cl­2 im Molverhältnis 1:1 das Chlorknallgas.

Nachweis: Mit Silbernitratlösung entsteht ein Niederschlag von Silberchlorid (AgCl).
Wirkung auf Lebewesen: Chlor-Gas zerstört tierisches und pflanzliche Gewebe teils durch Oxidation oder durch Verdrängung von H in org. Bindung. Auf diese Weise vernichtet Cl­2 auch Bakterien, Algen usw. Luft, die 0,5–1% Chlor-Gas enthält, wirkt auf Säugetiere und Menschen rasch tödlich, da die Luftwege und Lungenbläschen verätzt werden (Bildung. von HCl). Selbst ein Cl­2-Gehalt von nur 0,001% greift bereits die Lungen schwer an. Einige organische Chlorverbindungen sind Nervengifte, krebserregend und hochgiftig.
Im Labor erhält man Cl2 gewöhnlich aus Salzsäure und einem Oxidationsmittel (z.B. Chlorkalk, Kaliumpermanganat, Braunstein, Kaliumchlorat). In der Technik wird Cl­2 überwiegend durch Elektrolyse von gelöstem Kochsalz oder Kaliumchlorid gewonnen.

Vorkommen: Cl gehört zu den 20 häufigsten Elementen der obersten, 16 km dicken Erdkruste; es ist dort zu 0,0314% vertreten und steht damit in der Häufigkeit in der Nähe von Kohlenstoff und Chrom. Auch auf den übrigen Himmelskörpern scheint es verbreitet zu sein; man konnte z.B. in Steinmeteoriten Cl nachweisen. Infolge seiner außerordentlichen Reaktionsfähigkeit kommt Cl höchstens in Vulkangasen in elementarem Zustand vor; sonst ist es immer an andere Stoffe chem. gebunden, so z.B. an Na, K od. Mg. Besonders das Steinsalz (NaCl) kommt in umfangreichen Lagerstätten vor. Das Wasser der Ozeane enthält etwa 2% ionisiertes Cl (überwiegend Kochsalz NaCl). Chlor-Verbindungen sind auch aus Algen isoliert worden. Auffällig ist, dass die Einführung von Cl in organische Verbindungen diesen oft einen süßen Geschmack verleiht (z.B.: Chloroform).

Chlor ist einer der wichtigsten Grundstoffe der chem. Industrie. Der größte Teil der Produktion wird zur Herstellung von Vinylchlorid und PVC verwendet, sowie von anderen org. Chlor-Verb. (Chloroform, Methylenchlorid, Tetrachlormethan, Chloraromaten usw.) und Zwischenprodukten (Phenol, Ethylenglykol, Propylenoxid, Glycerin u.a.). Cl­2 dient ferner zur Produktion vieler anorganischer Stoffe (z.B. Phosgen, Phosphor- und Schwefelchloride, Hydrazin, Aluminiumchlorid, Siliciumtetrachlorid, Titantetrachlorid), zur Sulfochlorierung, zum Aufschluss von Erzen, Entzinnen von Weißblech usw. Weiterhin werden Cl­2 und aktives Cl enthaltende Verbindungen zum Bleichen von Papier und Cellulose, sowie zur Desinfizierung von Trinkwasser und Schwimmbädern  verwendet.

(Quelle: Römpp, ChPrg. Rutherford)