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U M W E L T

 

 

Frankfurt, die Bankmetropole am Main, 1974

 

+++ Prüfung zum 1. Staatsexamen

+++ Zwei Professoren nehmen einen Prüfling ins Kreuzverhör +++

Thema: Umweltzerstörung und Umweltschutz

+++ Diskussionspunkte: Kernenergie, Verursacherprinzip, Bürgerinitiative

+++ Prüfungsergebnis: nicht bestanden +++

Begründung: Kein Problembewußtsein +++ Nachprüfung notwendig

+++ Schon wieder Frankfurt +++

immer noch 1974 +++ Prüfung nun in Chemie +++ der gleiche Prüfling

+++ Thema: Saccharide +++

Keto-Enol Tautomerie; kein Problem

+++ optische Drehungen bei Zucker; auch kein Problem +++

Prüfungsergebnis: mit Auszeichnung bestanden +++

Problembewußtsein ?

 

 

DAS BEWUSSTEIN DER SCHMETTERLINGE 

Mit den Problemen ist das so ein Problem: Entweder man erkennt sie oder man erkennt sie nicht. Viele Menschen erkennen Probleme erst, wenn sie eskalieren und für massive Umwälzungen in der Privatsphäre der Individuen sorgen. Hätte mir jemand in den sechziger Jahren gesagt, dass ich irgendwann einmal Umweltprobleme zum zentralen Gegenstand meines Buches machen würde, hätte ich sehr wahrscheinlich verständnislos mit dem Kopf geschüttelt. Wir können das schon perfekt: Problemen aus dem Weg gehen, sie verdrängen, totschweigen, verniedlichen oder gar ihre Existenz leugnen, aber nutzen wird das nicht viel. Früher oder später kommt die Stunde, wo notfalls auch 'keine Lösungen' zu 'Lösungen' werden, die für einen Schwarm von Folgeereignissen sorgen und damit die Mechanismen lostreten, die neue Schwierigkeiten produzieren oder eben vermeiden helfen. Nicht erst seit dem 'grünen Punkt' und dem 'dualen System' wissen wir, dass es modern und medienwirksam zugleich ist, über Umwelt zu reden und sich vor großem Publikum für deren Erhaltung zu engagieren. In der 'kosmischen Welle' hat dieses Kapitel einen vergleichbaren Stellenwert wie das Kapitel "Geschichte". Während die Geschichte unsere zeitliche Umgebung wiederspiegelt, spiegelt sich in der Umwelt das räumliche Umfeld wieder, in dem wir leben. Wie in der Geschichte bilden auch hier mehrere Aktionsfelder das Szenario aus dem die Umwelt besteht. Wer bisher glaubte, dass die einfache Formel Umweltschutz = Naturschutz genügt, um die Umweltproblematik ausreichend zu erfassen, ist auf dem Holzweg. Eine Reihe von miteinander verzahnten Systemen und eine (fast?) endlose Anzahl von Parametern haben direkten, indirekten, in-indirekten.... Einfluss auf das, was wir als unsere Umwelt zu erkennen glauben. Obwohl Umwelt in ihrer Ganzheit auf uns als Individuum und als Menschheit wirkt, ist es nützlich die wichtigsten Subsysteme und Parameter zu benennen und deren Funktionalität näher zu bestimmen.

 Unsere wichtigsten Umweltsubsysteme sind:

- natürliche Umwelt (Ökosysteme, Biosphäre)

- soziale Umwelt (Gesellschaft- und Kultursysteme)

- materielle Umwelt (Ressourcen)

- geistiger Raum (Mathematik, Philosophie, AI)

- interaktive Systeme (globale Netzwerke und Verflechtungen,
  dazu Bindungen zu geordneten Systemen auf anderen Ebenen) 

- Sonnensystem, Galaxien, das Universum, Gott ?....

- das Erdinnere, der Mikrokosmos, das Stammhirn

- imaginäre und virtuelle Welten, abgekapselte Regionen (nur
  erreichbar nach der Durchquerung von Systemebenen)

Unsere Umwelt ist sowohl räumlich als auch zeitlich total vernetzt, was der Grund dafür ist, dass eigentlich alle Computermodelle, die versuchen Umweltzusammenhänge realistisch in ihrer Komplexität zu erfassen, entweder völlig unanschaulich sein müssen oder in wesentlichen Punkten zu kurz greifen. Verständlich, dass unter diesen Umständen besonders gerne überschaubare Kreisläufe wie etwa einfache Recyclingsysteme oder der Teufelskreis der Armut als Erklärung für Umweltphänomene herhalten müssen. 

Abb. 7.1: Teufelskreis der Armut

Häufig werden noch einfachere Zusammenhänge, meist augenfällige Zweikomponentensysteme, wie Fuchs - Hase, Rohstoffverbrauch - Wirtschaftswachstum, Umweltverschmutzung - Lebensqualität etc. zur Bildung des Problembewusstseins herangezogen.  Nicht dass Erklärungsversuche einfacher Art abzulehnen sind, wir sollten nur deren Stellenwert richtig einschätzen. Mathematisch gut erfassbare I/O-Systeme haben in den vergangenen 10 Jahren Eingang in lustige und lehrreiche (ein s..dämliches Wort) Computerprogramme - wie Game of Life, Wator (Hai + Fische), Dynasis oder Ökopoly - gefunden. Während mit Dynasis wunderbar Rückkopplungen, Verstärker- und einfache Netzeffekte reproduziert werden können, hat sich Ökopoly inzwischen zu einer ausgezeichneten Simulation gemausert, die der Spielerschaft die Erfahrung  der Komplexität unserer Umwelt ins Stammhirn brennen kann. Die Nichtlinearität der Welt ist es die unsere Umwelt atemberaubend interessant macht und die uns auch zwingt neu zu denken, quasi "um die Ecke" herum. Schon einige wenige Systemparameter (Gänseblümchen, Licht, Wasser, Erde) bewirken den Daisy-Effekt, eine nicht erwartete komplexe Selbstregulierung. Spätestens seitdem der Schmetterlingseffekt bekannt ist dürfen wir Umweltphänomene nicht nur plump linear betrachten oder unreflektiert in die Zukunft extrapolieren.*

*Der Schmetterlingseffekt ist eine schöne Metapher für neue Erkenntnisse aus dem Gebiet der Chaos- und Wetterforschung, die dem alten Paradigma des mechanistischen Weltbildes, das Jahrhunderte lang die Welt als ein gigantisches Räderwerk betrachtete - den entgültigen Todesstoß versetzten. So verkündete im 18. Jahrhundert der französische Mathematiker Laplace, dass die Kenntnis des Ortes und der Geschwindigkeit eines Gegenstandes ausreiche, um dessen Verhalten bis in unbestimmte Zukunft zu bestimmen. Einen ersten Schlag gegen das Prinzip des Determinismus versetzte die Quantenmechanik zu Beginn des 20.Jahrhunderts mit der Heisenbergschen Unschärferelation - so ist es unmöglich, gleichzeitig präzise Ort und Geschwindigkeit eines Elektrons zu bestimmen. Der zweite und entscheidende Schlag gegen den Mythos der totalen Berechenbarkeit in der Physik kam mit der Entdeckung des Prinzips » Kleine Ursache, großen Wirkung «. Führen wir uns vor Augen, was geschieht, wenn von einem Baum zwei Blätter mit derselben Geschwindigkeit an fast genau dieselbe Stelle in einen Fluss fallen. Obwohl die Anfangsbedingungen für beide Blätter fast identisch sind, dauert es nicht lange, bis diese weit voneinander entfernt im Wasser treiben. Die Tatsache, dass kleine Unterschiede im Ort oder in der Geschwindigkeit zu Beginn der Bewegung zu völlig verschiedenen Ergebnissen führen können, ist ganz wesentlich und zeigt sich in allen chaotischen Systemen. Etwa beim Wetter: So versuchte der amerikanische Meteorologe Lorenz zu Beginn der 60ziger Jahre zu verstehen, warum langfristige Wettervorhersagen häufig nicht zutreffen, obwohl die Bewegung der Wolken etc. sich durchaus mit Gleichungen beschreiben lassen. Lorenz wagte es, die Entwicklung des Wetters in der Atmosphäre auf ein Modell mit drei einfachen Gleichungen zu reduzieren. Überraschenderweise fand er, dass die Lösungen seines Modells, ebenso wie das Wettergeschehen, schon bei geringfügigen Änderungen der Startbedingungen zu völlig verschiedenen Endzuständen gelangten. Da im Prinzip der Flügelschlag eines Schmetterlings ausreichen kann, um den Verlauf des Wetters zu beeinflussen, sprechen die Chaosforscher deshalb auch vom "Schmetterlingseffekt". Plakativ formuliert: »Ein Schmetterling in Indonesien ist durch einen Flügelschlag fähig einen Schneesturm in Alaska auszulösen«. Diese Tatsache potenziert tatsächlich auch die Möglichkeit, dass unser Weltall durch eine Störung bzw. zufällige Selbsterregung entstanden ist.

Möglicherweise kennen sie ja die Mär von den armen aussterbenden Deutschen, die in den 80ziger Jahren besonders gerne von konservativen Politikern erzählt wurde. So zeigen die Statistiken, dass die Geburtenraten der Deutschen seit den 70ziger Jahren besonders niedrig waren, also seit geraumer Zeit weniger deutsche Kinder geboren werden als gleichzeitig deutsche Erdenbürger sterben. Extrapolieren wir diese Werte auf lineare Weise, können wir tatsächlich den Tag berechnen, an dem es keinen einzigen Deutschen mehr gibt, vermutlich irgendwann um das vierte Jahrtausend !!! Wenn das so wäre müssten wir ja auch davon ausgehen, dass jeder Börsenkrach den Index auf Null zurückschraubt oder bei einer Hausse der DAX zwingend im unendlichen ankommt, ja dass jeder Flügelschlag eines Schmetterlings zu einem Wirbelsturm werden muss - na so ein Quatsch - oder ?

Leider finden sich immer wieder Politiker, Wissenschaftler und normale Leute, die sich stur die lineare - weil einfachere - Denkweise vieler Menschen zu nutzen machen, um aus der sprichwörtlichen Mücke einen Elefanten zu machen. Die Tatsache, dass der Marxismus in Nordamerika nie Fuß gefasst hat, oder die Unruhen von Los Angeles, genauso wie die Berliner Mauer und der Zaun zwischen den USA und Mexiko, das Ozonloch, das Verschwinden der Wale, die Erdbeben in Europa, der Ausbruch des Pinatobu, die Wiederkehr des Kometen Halley, der Zusammenhalt des Sonnensystems, das Expandieren des Universums, alle diese Tatsachen sind quasi herbeimanipuliert. Ich benutze hier den Begriff 'manipulieren' sehr eng, also bereits als 'unbewusstes Erzwingen eines Phänomens durch ein kreatives System'. Dieses System muss nicht unbedingt menschlich sein es kann auch 'un'menschlich, pardon - 'a'menschlich sein. Die Tatsache, dass globale Effekte bewusst oder unbewusst herbeimanipuliert werden, saß mir kurz vor dem Fall der Berliner Mauer so in den Knochen, dass mir nichts eiligeres einfiel als die starken Veränderungen, die sich in Europa und weltweit massiv andeuteten, zu einer netten, aber unvollendeten Geschichte zu verarbeiten, die ich gleich als sogenannten "Bananeneffekt" vorstellen werde. Wenn wir uns die Frage stellen, ob der Bau der Berliner Mauer das Ergebnis eines Schmetterlingeffekts ist, wird als Lösung nicht akzeptiert, dass das böse Regime in der DDR verhindern wollte, dass die eigenen Leute raus können, das wäre nun doch eine zu "unnexialistische" (nexial = ganzheitlich s. erstes Kapitel) Analyse. (Kleine Hilfestellung: Die moderne Psychotherapie benutzt übrigens auch diese Arbeitsmethode der Nexialistik: z.B. bei Eheprobleme hat es sich als erfolgreicher gezeigt beide Partner zu behandeln, oder bei Drogenproblemen von Jugendlichen wird versucht die Eltern und das Umfeld mit zu therapieren (eigentlich müsste hier die ganze Gesellschaft in Therapie gehen - doch was passiert wenn die Therapeuten selbst krank sind ? (z.B. 1933-45))). Forschen Sie mal richtig nach - mit Geschichtsbuch und so. - Alles klar ? Ich liefere die Lösung irgendwann nach, nur für den Fall, dass Sie sich Ihrer Analyse nicht sicher sind.

Hier ist er: "Der Bananen-Effekt"

Es war einmal ein Urwald, in dem lebten die Affen zufrieden und friedlich miteinander, denn sie hatten alles was sie zum Leben so brauchten. Bananen - ihre Lieblingsspeise gab es zur Genüge und man brauchte sich nur richtig umzusehen und schon hatte man eine gefunden. Daher kam auch eigentlich nie jemand auf die Idee sich einen Vorrat anzulegen, denn das hätte ja Arbeit bedeutet. Wären da nicht ein paar - nennen wir sie Wissenschaftler - gewesen, die ihr Unwesen - ihre Forschungen - im Urwald getrieben hätten, wäre wohl auch immer alles so harmonisch geblieben. Von den paar Raufereien abgesehen, die dann und wann unter Freunden halt so stattfinden, aber früher oder später einigte man sich ja wieder oder wenn das nicht ging musste auch schon mal ein Affe gehen. Das war aber kein Problem, denn der Urwald war so groß und weit, weiter als das Auge und der Verstand reichte. Eines Tages brachte Pappina, eine junge und besonders neugierige Äffin eine aufregende Botschaft mit zum Stammbaum der Braunaffensippe. Sie bedeutete ihren Eltern, dass sie einen riesigen Berg aus grünen und gelben Bananen entdeckt habe. Nach erstem ungläubigen bis belanglosem Staunen entschloss man sich Pappina zu folgen und hangelte sich also ein halbe Stunde von Baum zu Baum bis man mitten im Urwald auf eine lichte Stelle stieß, an der es - sie wagten kaum ihren Augen zu trauen - nur so von goldgelben Bananen schimmerte. Tatsächlich, ein wahrer Berg von Bananen, es mussten wohl hunderttausende sein, lag da vor ihnen zum Essen bereit. Sie stürzten sich voller Begeisterung hinein und begannen das erste Mal in ihrem Affenleben in Bananen zu schwimmen. Als sie genügend darin geschwommen waren, legten sie sich obenauf und mampften genüsslich eine Banane nach der anderen bis die Bäuche so gefüllt waren, dass man eine Pause machen musste. Nachdem die stolzen Eroberer sich noch ein wenig auf dem Bananenberg gesonnt hatten, kletterten sie schließlich schwer bewaffnet mit soviel Bananen wie man eben tragen konnte zurück auf ihren Stammbaum. Am nächsten Morgen kehrte man verstärkt durch ein paar Freunde und Verwandte an den Fuß des Bananenberges zurück, der eigentlich noch größer aussah als am Tag zuvor. Auch alle Freunde nahmen ein Bad darin und so kam es, dass nach wenigen Tagen bereits mehr als eine Hundertschaft Affen sich am Fuße des geliebten Bananenberges zum Frühstücken einfand.
Pappina und ihre Eltern hatten sich derweil entschlossen, das Lager in der Krone ihres Stammbaumes zu verlassen und direkt zum Bananenberg zu ziehen. Sie begannen eifrig im Bananenberg eine Höhle zu graben und sich dort häuslich niederzulassen, denn so konnte man direkt mit einem Handgriff zur Banane kommen. Mittlerweile hatte sich doch ein gewisses Gedränge auf dem Bananenberg breit gemacht und wer alle Vorteile des Bananenberges genießen wollte musste schon etwas erfinderischer sein. Trotz der Hektik des Umzuges herrschte nun eigentlich wieder insgesamt Friede, Freude, Eier.. genauer gesagt Bananenkuchen; und das, obwohl inzwischen auch Onkel Bananahans und Tante Bananengeil mit 350 Leuten Anhang sich am Bananenberg eingefunden hatten. Sie waren vor ein paar Jahren flussabwärts gezogen wegen einiger Querelen um eine grüne Banane. Inzwischen war auch die Qualität der reifen Bananen nicht immer mehr ganz so frisch, wie gewohnt. Verständlich wenn man bedenkt, dass durch das viele Getrampel der Affenfüße doch an manchen Stellen regelrechte Matschschlitterbahnen am Bananenberg entstanden waren. Auch stürzten wegen des großen Gewichts des Affen- und Bananenberges, ab und zu Bananenhöhlen ein, und so wurde hin und wieder ein Affe erschlagen, was aber wegen der täglich zahlreich nachströmenden neuen Affen aus der Umgebung nicht mehr weiter auffiel. Bananen für alle! Noch besser, Bananen - mehr als man essen kann - war bald die Parole landauf und landab. Es konnte es nicht ausbleiben, dass sogar die als räuberisch verschrieenen Schwarzaffen von der anderen Seite des Flusses Wind vom Bananenberg bekamen. Richtig kritisch wurde die Lage am Bananenberg aber erst als sie mit Flößen herüberkamen und der Platz am Bananenberg, so eng wurde, dass man vor lauter Affen keine Bananen mehr sehen konnte und nun zu allem Überfluss auch noch wie von Zauberhand die fast unbegrenzte Menge der Bananen immer schneller immer weniger wurde. Es kam zu ernsthaften Keilereien und.....

Für das Ende könnten wir nun verschiedene Szenarien schreiben, die in erster Linie das Ergebnis der Bevölkerungsexplosion und die Kreativität der Affen im Umgang mit der Situation des Mangels wiederspiegeln würden. Eigentlich schreibt die Menschheit heute noch am Ende dieser Story und die Krise scheint sich zu potenzieren, wenn man den Medien glaubt. Die menschliche Triebfeder Neugier gepaart mit dem Druck der Bevölkerungsexplosion hat uns tatsächlich den "Bananeneffekt" beschert. Im nördlichen Teil des Erdballs haben sich große "goldene Bananenberge" aufgetürmt und jetzt wo die Angst im Raum steht, dass die G8 diese Berge verlieren könnte bzw. die Bananen schlecht werden, fällt den Großen dieser Welt nichts anderes ein als diese Berge wie im Mittelalter hinter einer Festungsmauer zu verschanzen - der Bürgermeister von Genua und die halbe Stadt wird zum Mitgefangenen dieser Maßnahme. Statt dafür zu sorgen, dass wieder nach Bananen gesucht wird, dass vielleicht sogar Bananen angebaut werden, und dass die Affengesellschaft wieder den Weg zu einem normaleren Affenleben zurückfindet, wird am Bananenberg gebaut, um die übrigbleibende schwarze Bananenmasse zu bestaunen. Wir verändern (zerstören) die Umwelt, weil wir das ökonomische Wachstum entdeckt haben. Die Bevölkerungsexplosion geht einher mit einer wirtschaftlichen Explosion. Wenn wir davon ausgehen wollen, dass die Erde ein abgeschlossenes System ist und alle auf diesem Planeten vorhandenen Staaten wirtschaftliches Wachstum wollen, dann muss es zwangsläufig Grenzen geben, denn auch die "Torte" Erde hat nur eine endliche Anzahl Kuchenstücke zu verteilen, und je mehr Menschen ihren Anteil vom Kuchen fordern, desto kleiner werden die Stückchen. Folge: Ist die irdische Torte verteilt, gibt es nichts mehr zu holen. Zu holen gibt es bestenfalls dann noch etwas, wenn ständig neuer Kuchen produziert wird. Für die Herstellung des Kuchens benötigen wir die entsprechenden Rohstoffe, und diese sind in einem begrenzten System eben begrenzt. Es können also nur 100% des Kuchens verteilt werden, dann ist Ende der Fahnenstange. Eine wirklich hoffungslose Situation, wenn wir davon ausgehen müssen, dass die Weltbevölkerung bis zum Jahre 2000 die 6 Milliarden-Grenze überschreitet - letzte UNO Berechnungen sprechen schon von 6 Milliarden Menschen im Jahre 1998. Da die Menschheit Teil eines erdumspannenden ökologischen Systems ist, wird also früher oder später etwas passieren. Im Prinzip wird das Geschehen sich nach dem zuvor genannten Fuchs-Hase Modell abspielen, es bleibt nur die Frage zu klären wer zum Jäger und wer zur Beute wird. Auch das Modell von den Haien und Fischen, verdeutlicht gut das Auf- und Abpendeln der Populationszahlen in solchen Beziehungen. Genauer gesagt befinden wir uns, wenn nicht jetzt schon, dann doch sehr bald, durch die Bevölkerungsexplosion in einer Situation, die den Sekunden vor dem Ausbruch einer Panik entspricht. Natürlich dauern diese wenigen Sekunden auf das Ökosystem Erde bezogen Tage, Wochen, vielleicht Jahre, Jahrzehnte oder ein ganzes Jahrhundert. Was dann kommt ist in jedem Falle Krieg, ein weltweiter Öko-, Bürger- und Systemkrieg. Krieg gegen die Natur und gegen die Menschen. Die Annahme, dass die Menschheit einer rosigen Zukunft entgegensieht, weil das kommunistische System zusammen gebrochen ist und der Kapitalismus, pardon "die Marktwirtschaft" gesiegt hat, wird sich leider als falsch erweisen, denn das Überleben des Kapitalismus hing im Wesentlichen von dem "berechtigten Kampf" gegen die Sowjetunion, das "Reich des Bösen" (laut US Ex-Präsident Reagan in den 80zigern) ab. Der Sieg wird sich als Scheinsieg der 'kapitalistischen These' über die 'kommunistische These' erweisen, denn inzwischen ist kein Gorbatschow mehr da, der den selbsternannten Guten klarmacht, dass eine neue Aufrüstungsrunde genau das anzieht was sie angeblich vermeiden soll. Aufrüstung wird nicht zu mehr Sicherheit führen, sondern zur weltweiten Verunsicherung, weil die Realität nicht 'Bananen für alle' geschweige denn 'Bananen - mehr als man essen kann' bringen wird. Solch eine weltweite Desorientierung bzw. Vorpanikstimmung ist natürlich ein idealer Nährboden für Lug und Trug, für Scharlatanerie aller Art. 

Nicht umsonst sehen die Wissenschaftler/innen des Club of Rome in ihrem Jahresbericht für 1991 bereits 'Die globale Revolution' voll am Durchstarten. Wie konnte es eigentlich soweit kommen ? Der erste ökonomische Fehltritt der Menschheit, über den schon Bibel und Koran berichten, ist wahrlich ein kapitalistischer Dreh - zugleich der gefährlichste - die Erfindung des Zinses. Hätte Karl der Große im Jahre 800 n.Chr. anlässlich seiner Kaiserkrönung 1 Pfennig zu einem normalen Zins, sagen wir zu 3% auf ein Sparbuch bei einer fiktiven Sparkasse eingezahlt, dann wäre er heute nach 1200 Jahren Besitzer von mehr als 1000 000 000 000 DM. Das Wachstum der Zinsen ist dank Zinseszins exponential. Dieser Effekt führte in regelmäßigen Abständen zum Zusammenbruch von nationalen Wirtschaftssystemen, häufig gefolgt von Kriegen, wie die Geschichtschroniken ausweisen, nur eine Geldreform (nicht etwa eine Währungsreform à la DM zu € ) könnte das ändern. Ein von Karl Marx ausführlich beschriebenes Phänomen, die 'Verelendung', während der Phase der Industrialisierung in Europa durch den Kapitalismus gesät, wird den kapitalistischen Zins letztlich selbst auffressen. Der Grund hierfür wird die vollkommene Verzahnung der lokalen Wirtschaftsysteme sein. Ein Beispiel dafür, was passiert wenn verzahnte Systeme zerrissen werden, lässt sich am Zerfall der UDSSR studieren. Da zählt nur noch Hauen und Stechen, Vernunft wird für den besonderen Notfall aufgehoben. Doch schauen wir uns die Erkenntnisse des Herrn Marx etwas näher an. Es hat sich bis heute nicht viel daran geändert, wie sie gleich sehen werden. Mag sein, dass er mit seiner 'Diktatur des Proletariats' falsch gelegen hat, seine Theorien zur absoluten und relativen Verelendung sind Phänomene, deren Überprüfung sich lohnt.

 

Die Theorie der absoluten Verelendung (Kurzfassung)
besagt, dass die Reichen durch Ausbeutung der Arbeitskraft der arbeitenden Bevölkerung immer reicher werden, während die Armen wirtschaftlich immer weiter verelenden bis an den Rand des Existenzminimums.
Beispiele für absolute Verelendung finden wir nicht in den Industrieländern, wir müssen schon nach Lateinamerika oder nach Afrika schauen. Insbesondere der Verfall der Preise von Zucker, Kaffee, Kakao, Kupfer und Rindfleisch, sowie neuerdings auch der Bananen - ein Geschenk zum Einstand des EG-Binnenmarktes am 1.1.1993 an die dritte Welt - führt zu Situationen, bei denen die arbeitende Bevölkerung für immer mehr Arbeit immer weniger Lohn bekommt. Im Nordosten Brasiliens sind die Besitzlosen gezwungen alle Kinder rund um die Uhr bei der Arbeit auf den Zuckerrohrplantagen der Großgrundbesitzer mitarbeiten zu lassen, um das Existenzminimum der Eltern zu sichern. Die körperliche Ausbeutung geht gar soweit, dass der Körper der ständigen Unternährung von der Geburt an durch Zwergenwuchs Rechnung trägt. 

 

1970

1980

1992

Produktion (in 1.000 t)

409 255 242
Weltmarktpreise (in US $/t) 327 183 100
Verkaufserlöse (in Mio US $) 134 46 24

(Quelle: Bank of Ghana 1993)

Abb 7.2: Kakao-Produktion und Erlöse für Ghanas Kleinbauern

 

Die Theorie der relativen Verelendung (Kurzfassung)
geht davon aus, dass im Unterschied zur absoluten Verelendung, nicht nur die Reichen reicher werden, sondern auch die Armen ihren materiellen Wohlstand vermehren können. Dennoch tritt die Verelendung der Armen nach und nach auch hier ein, da die Reichen schneller reich werden als die Armen. In wirtschaftlichen Rezessionsphasen kann dies sogar vorübergehend in die absolute Verelendung umschlagen.
Beispiele
für relative Verelendung lassen sich auch in den Industriestaaten beobachten. In einer europäischen Großstadt wie Berlin nimmt auch 1992 - rund 150 Jahre nach der Niederschrift des kommunistischen Manifests - die Anzahl der Sozialhilfeempfänger stetig zu.

Oder: Nehmen wir einmal an sie besitzen 2 Milliarden DM und legen davon eine Milliarde zu einem Zins von 10% an, dann sind Sie nach einem Jahr um ca. 50 Millionen DM reicher (nach Steuerabzug) ohne sonst irgendeine Aktivität. Nehmen wir alternativ an, sie verdienen 100000 DM im Jahr und bekommen jährlich 10% Gehaltserhöhung (steuerfrei), dann verdienen sie ein Jahr später 110000 DM. Sie sind also in einem Jahr um 49990000 DM schlechter dran und haben dafür auch noch gearbeitet. In den kommenden Jahren wird die Bilanz noch schlechter für Sie aussehen, denn der Zinseszinseffekt arbeitet gegen die Armen. (Ich wäre übrigens froh wenn ich 100000 DM pro Jahr verdienen würde - das durchschnittliche Bruttogehalt einer Familie lag in der BRD 1993 bei ca. 60000 DM.) Dem Wachstum auf der einen Seite stehen also Ausbeutung und Zerstörung auf der anderen Seite gegenüber.............und wenn ich ehrlich sein soll, fällt mir hier nach dieser eigenen Analyse vor Schreck zunächst gar nichts mehr ein.............. außer Wut... Was soll mir auch einfallen, wenn ich angesichts des historisch gewachsenen Ungleichgewichts zwischen dem Norden und Süden unserer Erde und zwischen Arm und Reich eigentlich über Umweltschutz schreiben sollte, aber das globale Wirtschaften so angelegt ist, dass in den Industrieländern die statistische Durchschnittfamilie (2 Erwachsene/2Kinder, Standardlohn, keine besonderen Nebeneinkünfte) sich in städtischen Gebieten ohne knallharte Überschuldung kein Eigenheim leisten kann und die typische Familie des Südens mit Mann und Maus gegen das absolute Existenzminimum kämpfen muss. Wenn das System die Menschen nicht bzw. unzureichend schützt, dann ist es eigentlich witzlos über Umweltschutz zu sprechen, sondern die Menschheit muss zuallererst einige der pervertierten Wirtschafts- und Sozialpraktiken über Bord werfen. Die Zeiten der Aufklärung sind spurlos am brutal naiven Egoismus der menschlichen Individuen vorbeigegangen. Ob globale Revolution, globale Katastrophe oder III. Weltkrieg, versuchen wir trotz des globalen Ungleichgewichts weiter unsere Systemanalyse im Dreieck Menschheit - Erde - Umwelt zu führen. 
Auszüge eines Beitrags in der Frankfurter Rundschau von Rolf Breitenstein (FR-Korrespondent Washington) vom 30.5.90 sollen uns zeigen was weltweit Status quo der Diskussion sein müsste. Dort lesen wir: "Alle schwören auf die Marktwirtschaft. Auch die osteuropäischen Kommunisten, die eben noch streng planwirtschaftlich ausgerichtet waren, glauben jetzt mit dem sowjetischen Wirtschaftsreformer Leonid Abalkin, "dass nur die Marktwirtschaft imstande ist, höchste Effektivität zu sichern". Ein unfehlbares, universales Wirtschaftskonzept? Oder verdient das Diktum eines gestandenen Marktwirtschaftlers wie des 80jährigen Kurt Köber eine nähere Analyse, dass in unserer so effizienten sozialen Marktwirtschaft zwar Wohlstand für alle geschaffen wird, aber die gesellschaftlichen, kulturellen und ökologischen Belange zu kurz kommen? Wer mit Bedacht wirtschaftet, handelt nach dem ökonomischen Prinzip. Der Fundamentalsatz wirtschaftlichen Handelns wird meist falsch zitiert; als solle 'mit geringst möglichem Aufwand an Mitteln der größtmögliche Ertrag erzielt' werden. Das ist logischer Unsinn und führt praktisch in die Irre."

Soweit vorerst Rolf Breitenstein, betrachten wir das zuletzt Gesagte ausführlicher. Mit geringstem Aufwand den größten Ertrag erzielen, müsste uns eigentlich nicht unbekannt vorkommen..... na klingelt es schon. Richtig: Menschen aus den Industrienationen tun es täglich!?!??? Haben sie heute noch nicht an einem Knopf gedreht .....doch ......an der Stereoanlage oder am Fernseher vielleicht ? Das, was Rolf Breitenstein als falschverstandenes Wirtschaftsprinzip bezeichnet, ist kaum anders als wenn am TV oder der Stereoanlage die Lautsprecher aufgedreht werden. Allgemein versteckt sich dahinter das Verstärkerprinzip aus der Physik: also aus einem kleinen elektrischen Strom einen großen Strom zu erzeugen. Warum formulieren wir es nicht wieder mal kommunikationstheoretisch: aus einem kleinen INPUT einen großen OUTPUT erzeugen. Etwa durch eine kurze FOR - NEXT Schleife eine wochenlang dauernde Ausgabe von Zahlen - z.B. 10000000000000099 - mit einem Drucker erzeugen. Doch Moment mal! Wenn das Verstärkerprinzip in der Physik funktioniert, warum sollte es dann nicht auch in der Wirtschaft funktionieren? Leider, leider wie es im Leben nun mal so ist - wir sind im Begriff einen kleinen aber grundlegenden Schönheitsfehler zu begehen. Alle Funktionen, nicht nur mathematische, sind Teil eines Gesamtsystems, und so ist der Verstärkereffekt ebenfalls eine Funktion innerhalb eines bestimmten energetischen Systems. Mit dem Ergebnis, dass beim Stromabschalten es mit der Verstärkung vorbei ist - nur wenn wir ständig neue Energie von außen zuführen, kann der Verstärkereffekt aufrechterhalten bleiben, was aber nach dem dritten Hauptsatz der Thermodynamik in abgeschlossenen Systemen unmöglich ist. Der Effekt würde daran sterben, dass er sich selbst auffressen müsste, um weiteres Wachstum zu garantieren - das Perpetuum Mobile lässt grüßen.

Im Klartext: Wenn unsere Wirtschaft aus einem geringen INPUT (kleiner Aufwand an Mitteln, z.B. Rohstoffe für PKW's) einen großen OUTPUT erzeugt, dann muss der kleine stete Strom an Rohstoffen irgendwann einmal über die 50% Marke des möglichen Gesamt - INPUTS kommen und dann einen Umkehreffekt einleiten, der den Zeitpunkt des Zusammenbruches des Verstärkereffekts immer schneller heranrücken lässt, ja schließlich die Strukturen des gesamten Wirtschaftssystems zerstört. Das ist übrigens vereinfacht gesagt auch genau der Grund, weshalb alle Sonnen in den Galaxien einmal sterben werden. Im alternden Stern kann der Verstärkereffekt nicht mehr aufrechterhalten werden, weil die zu verbrennende Masse, selbst durch raffinierte Nachbrennereffekte, immer rascher abnimmt und der Tod dieses kosmischen Verbrennungssystems - in erstaunlich kurzer Zeit - mit der letzten Explosion des Sterns einhergeht. Die Analogie zum Verhalten von Wirtschaftssystemen ist wirklich frappant. So war der Sturz des sich aufschwingenden wirtschaftlichen Wachstums im Amerika der 20ziger Jahre dieses Jahrhunderts auch eindeutig durch ein Feuerwerk von wirtschaftlichen Amoktaten begleitet - bis hin zum berühmt berüchtigten 'Schwarzen Freitag'. Wer mit Bedacht handelt, handelt nach dem ökonomischen Prinzip? Wenn aber die Ökonomie - aus vorgeblich moralischen Gründen - den kurzlebigen Verstärkereffekt zum Prinzip macht, dann benutzen wir besser die weniger missverstehbare Formulierung :

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*       Wer mit Bedacht wirtschaftet,         *
*   handelt nach dem ökologischen Prinzip.    *
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Ein Fehler der Menschheit war es zu glauben, erfolgreich nach dem Verstärkerprinzip wirtschaften zu können. Obwohl wir seit 10, 20 oder gar 30 Jahren wissen, dass wir damit auf starke weltweite Veränderungen zusteuern, gegen die der II. Weltkrieg sich wie ein Sandkastenspiel ausnimmt, handelt die Mehrheit der Menschen blind und unwissend wie vermeintlich ererbt. Die Funktionsweise des ökologischen Prinzips lässt sich schnell und geradezu drastisch verdeutlichen. Wie jeder Pennäler bereits wissen sollte, atmen Tiere und Menschen Sauerstoffgas ein und dafür das giftige Kohlenstoffdioxid aus. Wenn wir wie unsere Urgroßväter einfach linear denken und rechnen, müssen wir zu dem Ergebnis kommen, dass seit den ersten Atemzügen von Adam und Eva der Sauerstoff in der Atmosphäre durch jeden weiteren Menschen abnimmt und durch die Zunahme von giftigem Kohlendioxid ersetzt wird. Kurzum, die Luft müsste inzwischen soviel CO2 enthalten, dass das Überleben auch nur eines einzigen Menschen unmöglich wäre. Dass dem aber nicht so ist, wie wir alle wissen, liegt im ökologischen Wirtschaftssystem der Mutter Erde, und die Crux des ökologischen Handelns ist das Recycling. Dieses Recycling sichert der Menschheit das Überleben. Für uns Menschen ist Kohlendioxid schlicht und einfach Abfall, der in jedem Chemielabor als Sondermüll entsorgt werden müsste. Die Natur betrachtet jedoch gerade diesen gasförmigen Müll der Zwei- und Vierbeiner als Rohstoff. Die Bäume verwerten unser CO2 und bieten uns dafür Sauerstoff an, den wir dankend annehmen. In interaktiven hochkomplexen und hypersensiblen Regelkreisen verarbeitet die Natur alles, was ihr angeboten wird. Dummerweise haben die Menschen im Laufe ihrer Geschichte diesen natürlichen Handel mit unserem Mutterplaneten aufgekündigt. Die Kommunikation mit der Erde ist einseitig geworden. Wir produzieren, wo nur möglich Überhänge und erwarten, dass die Umwelt sie schluckt. Zugleich verwandeln wir in vielen Fällen die natürlichen Organe der Erde - Wald, Luft, Wasser - selbst in Bioschrott und beschleunigen damit sogar noch das Versagen der Erde den normalen Müll wieder zu verwerten. Entscheidend für Quantität und Qualität dieser Überhange an Schrott ist also schon die Gier der Wirtschaftform, die belastende und zerstörende Überkapazitäten erzeugt. Praktisch bekamen wir von den Wirtschaftsexperten bisher immer nur zwei Idealformen vorgesetzt: Die Marktwirtschaft und die Planwirtschaft, die sich dialektisch gegenüber stehen, theoretisch aber doch gleichwertig nebeneinander. Beide Formen kamen und kommen in Reinform nicht vor, sie entspringen dem schwarz-weiß Denken der Wirtschaftsexperten und Politiker. Annähernde Realformen sind die kapitalistische Variante der Markwirtschaft und die kommunistische Variante der Planwirtschaft:

  • In der kapitalistischen Marktwirtschaft gilt es, mit vorgegebenen Mitteln den privaten Ertrag bzw. Gewinn zu maximieren.

  • In der kommunistischen Planwirtschaft gilt es, ein vorgegebenes Ziel mit den zugeteilten Mitteln zu erreichen.

Konkret sieht es dann so aus, dass in der Marktwirtschaft die planerischen Notwendigkeiten auf den Staat abgewälzt werden, während in der Planwirtschaft das Soll nur dann erreicht werden kann, wenn mehr oder weniger Markt zugelassen wird (Schwarzmarkt, periphere Märkte, Staatskapitalismus). Eine streng kapitalistische ausgerichtete Marktwirtschaft führt zu sozialer Ungerechtigkeit und entsprechenden, häufig rassistischen und nationalistischen Spannungen. Eine streng staatlich indoktrinierte Planwirtschaft hingegen unterdrückt völlig die individuelle Bedürfnisbefriedigung. Beide radikalen Varianten der Wirtschaft führen also normalerweise zu bösen gesellschaftlichen Missständen und dienen kaum der Erhaltung bzw. Erzeugung einer lebensfreundlichen Umwelt. Eine moderne Weltwirtschaft (lokal, regional, national, international und global) wird das Kriterium umweltfreundlich erst dann verdienen, wenn sie 'unterentwickelten' Gebieten zumindest eine reale Chance auf Wohlstand und soziale Gerechtigkeit gibt. Im Zusammenhang von Markt und sozialer Gerechtigkeit verdienen nach Rolf Breitenstein besonders zwei Punkte Erwähnung:

  • das wirtschaftliche Wachstum, das seit einigen Jahrzehnten als wesentliches Ziel des Wirtschaftens gilt, erhält eine moralische Begründung dadurch, dass es eine Vermögensumverteilung ohne Eingriffe in die vorhandene Vermögenssubstanz (Besitzgarantie) gestattet.

  • die nachträgliche Korrektur der Marktergebnisse mit dem Ziel sozialer Gerechtigkeit ist deshalb bedenklich, weil diese Korrektur (z.B. Anpassung von Renten und anderen Sozialleistungen, Problematik von Indexrenten) prinzipiell erst dann erfolgt, wenn das Ergebnis von marktwirtschaftlichem Handeln vorliegt.

Die Umweltprobleme, die ein rein quantitatives Wirtschaftswachstum mit sich bringt, sind inzwischen bekannt. Trotzdem werden sie häufig übersehen oder geleugnet. Zwar gilt gesellschaftspolitisch das Prinzip der Vermeidung von Umweltschäden. Dennoch heißt es in der Praxis der Konzerne und Betriebe meist: "Das Geld für den Umweltschutz müssen wir erst einmal verdienen. Erst gewinnbringend produzieren, auch wenn Schäden entstehen, dann versuchen, die Schäden wieder zu beseitigen." Ein Rezept für die Rettung von Umweltressourcen (Wasser, Luft etc.) hat die Marktwirtschaft nicht. Stattdessen bietet sie immer häufiger staatlich lizenzierte Umweltzertifikate an (blauer Umweltengel, grüner Punkt), und erinnert damit fatal an den religiösen Ablasshandel vor der Reformationszeit. Ablasshandel bedeutet - erst sündigen und dann gegen Geld freikaufen! Konkret erteilt die Marktwirtschaft also die Erlaubnis zur Umweltzerstörung und Vergiftung der Natur durch Einzelne oder gesellschaftliche Gruppen, um hinterher durch einen Preiszuschlag alle dafür bezahlen zu lassen. Gedankenlos in Kauf nehmend, dass eine ganze Reihe von Schäden auch durch Geld (Ablasszettel) nicht reparabel werden. In der Marktwirtschaft muss sich eben - um der Konkurrenz willen - jeder so gut verkaufen wie möglich, sonst wird er verkauft.

Es ist bisher zu wenig beachtet worden, dass die Kehrseite dieser angeblichen ökonomischen Effizienz eine fundamentale sozialpsycho-logische Fehlorientierung ist. Denn alles was nicht über den Markt geht, also keinen Preis erzielen kann, findet auch keine gesellschaftliche Anerkennung. Das abnehmende Engagement in früher selbstverständlicher privater Kranken- und Altenpflege aufgrund ihrer niedrigen Einschätzung als unbezahlte Dienste im Vergleich zur Kommerzialisierung in Krankenhäusern und Seniorenheimen, lenkt unsere Aufmerksamkeit jetzt auf die Grundprobleme der Marktwirtschaft. Analoges gilt auch für die Ursachen von Abtreibungen und der zunehmenden Zerstörung der Institution Familie beim Erziehen der Kinder. Auch der Zustrom von Frauen in eine von Männern beherrschte Arbeitswelt dürfte weniger durch materielle Notwendigkeiten als durch den Wunsch motiviert sein, Anerkennung dort zu finden, wo sie in der Marktwirtschaft verteilt wird, nämlich am bezahlten Arbeitsplatz. Es sieht ganz so aus als müssten wir den Glanz der Marktwirtschaft mit dem Verfall von wichtigen sozialen Werten bezahlen, die nicht am Markt gehandelt werden. Soweit zur Funktionsanalyse der Marktwirtschaft durch Rolf Breitenstein. Fassen wir zusammen:

  • die Marktwirtschaft ist weltweit auf dem Vormarsch

  • sie schert sich einen Kehricht um soziale Gerechtigkeit

  • sie fördert die relative Verelendung hier und die absolute Verelendung in der ehemals dritten Welt

  • Umweltschutz und Sozialausgleich findet in der Marktwirtschaft nur als Muss bzw. im  Nachgriff statt (Kripoprinzip)

  • sie erfindet neue "Bedürfnisse" zum Zwecke der Gewinnmaximierung

  • es findet ein gnadenloser Konkurrenzkampf zwischen weltweit agierenden Großkonzernen statt

Gandhi meinte hierzu bereits vor Jahrzehnten treffend: "Es gibt immer genug für die Bedürfnisse aller, aber zuwenig für die Gier Einzelner" Milliardäre aller Länder merket auf: Die Welt und die Umwelt gehört allen - nicht nur einigen! Leiten wir schließlich die elementaren Bedürfnisse heutiger Menschen ab. Diese Grundbedürfnisse haben zugleich den Charakter von Rechten und Pflichten. Ich formuliere sie hier positiv als Rechte.

  • Recht auf Existenz

  • Recht auf Bildung

  • Recht auf Arbeit

  • Recht auf Wohnung

  • Recht auf 'natürliche' Umwelt

  • Recht auf Kommunikation/Kooperation

  • Recht auf soziale Geborgenheit/Liebe

  • Recht auf Schutz der seelischen und 
    körperlichen
    Gesundheit

  • Recht auf Vorsorge

  • Recht auf Rücksicht

Wer von mir erwartete, dass ich diesem Kapitel nur so mit Zahlenmaterial über die Vergiftung unserer Umwelt um mich werfe um etwa zu beweisen, dass es schlimm um uns steht, dem möchte ich zu bedenken geben, dass es wichtiger ist zu wissen wann der entscheidende Tropfen das Fass zum überlaufen bringt, als dass er es tut. Es gab Zeiten da hat man die Uhren nach der Wahrscheinlichkeit eines Atomkrieges gestellt und sich gegenseitig Angst damit gemacht, ob die Uhr auf  5 oder gar 3 vor 12 stehen würde. In Sachen Umwelt steht unsere Uhr bereits 5 nach 12 und den vollen Crash werden wir nicht mehr abfangen können. Kaufen Sie sich ein Aquarium, setzen Pflanzen und Fische hinein, überdüngen und übervölkern sie es, und dann, dann versuchen sie die eintretende ökologische Katastrophe aufzuhalten. Na denn Prost !

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